Unsere Solidarität mit dem streikenden Bahnpersonal!

Streiks bei der Bahn sind auch Klimastreiks!

Wollen wir die Verkehrswende, müssen sich die Arbeitsbedingungen bei der Bahn drastisch verbessern. Daher gilt unsere volle Solidarität den streikenden Bahner:innen, und unsere Hoffnung, dass sich die GDL im Tarifkampf auf ganzer Linie durchsetzt!

Wie bei den Streiks der Beschäftigten im öffentlichen Nahverkehr von Verdi geht es bei der Tarif- Auseinandersetzung der GDL mit der Deutschen Bahn um die Zukunft des Verkehrs und damit um die Möglichkeit der Treibhausgasreduzierung in Deutschland und Europa.

Personalmangel: Ergebnis einer stetigen Schlechterstellung von gesellschaftsrelevanten Jobs

In erster Linie: Ohne attraktive Arbeitsbedingungen finden sich zu wenige Menschen, die bei der Bahn arbeiten wollen. Die geforderte 35 Stundenwoche ist für viele Beschäftigte der Metall- und Autobranche schon seit den 80er Jahren Realität. Diese wurde damals teuer erkauft durch eine massive Flexibilisierung und Ausweitung der Überstunden, der Schichtarbeit und der Möglichkeit, an den Wochenenden Sonderschichten einzuführen. Diese Bedingungen sind für Bahner:innen in verschärfter Form schon immer Alltag, jedoch bei einer 38 Stundenwoche. Die meisten Bahner:innen arbeiten in den Werkstätten und Stellwerken in 3-Schicht. Auf den Zügen mit immer wechselnden Anfangs- und Endzeiten, Rund um die Uhr, 7 Tage die Woche.

All das macht krank, es verkürzt die Lebenszeit nachweislich und es zerstört das Vereinsleben, Freundschaften und die Familien. Alle, die in Schichtarbeit arbeiten, kennen das. Deswegen ist in den letzten Jahren die bessere Planbarkeit und die Begrenzung der Arbeitszeit das wichtigste Thema bei den Bahner:innen.

Es ist eine Binsenweisheit: Je besser die Arbeitsbedingungen, desto eher finden sich Menschen, die sich dafür ausbilden lassen. Die Arbeitswelt müsste dafür auf den Kopf gestellt werden:

So gesellschaftsrelevante Jobs wie bei der Bahn müssten Leuten als erstes bei ihrer Berufswahl in den Sinn kommen. Und das erreichen wir nur dann, wenn diese Jobs drastisch attraktiver werden.

Streik im Zeichen der heruntergewirtschafteten Bahn

Der Konflikt um die Arbeitsbedingungen hängt aber direkt auch mit der noch größeren Auseinandersetzung um die Zukunft der Eisenbahn in Deutschland und Europa zusammen. Die Bahn wird seit Jahrzehnten von einem System, das bis in die 90er Jahre in der Lage war, Personen und Güter noch in jede Kleinstadt und viele Dörfer zu bringen, zu einem System zurück gebaut, in dem der Personenverkehr nur noch von Großstadt zu Großstadt einigermaßen funktioniert und der Güterverkehr nur noch auf schwer belasteten europäischen Korridoren als Anhängsel der immer umfangreicheren Containerschifffahrt stattfindet.

Ein Bahn-Netz, das wirklich die Straße ersetzen kann, existiert im Moment nicht. Es wurde durch die Privatisierungen und die versuchten Börsengängen gezielt kaputt gemacht. Selbst das übrig gebliebene Rumpfnetz der Bahn ist mittlerweile so marode. Sowohl Bahner:innen als auch Fahrgäste spüren das täglich. Da Deutschland in Europa zentral liegt, fällt der schlechte Zustand der Bahn auf alle Anrainerstaaten zurück. So leidet ein Großteil des europäischen Bahnverkehrs unter den schlechten Schienenverhältnissen in Deutschland.

Prestigeprojekte und Kaputtsparen: Schlechte Arbeitsbedingungen sind die Folge

Bisher gehen trotz aller Ankündigungen und Versprechungen der Rückbau des Bahnnetzes weiter: Sinnlose Großprojekte wie Stuttgart 21 werden gebaut, obwohl sie Bahnkapazitäten verkleinern und Millionen Kubikmeter klimaschädlichen Beton verschlingen. Auf der anderen Seite wurde in den letzten Monaten ein Großteil der sinnvolleren Ausbauprojekte wieder abgesagt, weil der Ampelregierung ihr Haushaltskonstrukt um die Ohren geflogen ist. Der Ausbau von Oberleitungen stagniert seit Jahrzehnten praktisch, da nützt auch der steigende Ökostromanteil im Bahnstrom-Mix nichts: abseits der Hauptstrecken wird weiter mit Diesel gefahren. Gleichzeitig startet die Politik Teststrecken mit Oberleitungen auf Autobahnen. Im Moment werden massiv Stellen bei der DB Cargo abgebaut und damit gedroht, die Arbeitsbedingungen noch weiter zu verschlechtern.

Denn in dem übrig gebliebenen Rumpfnetz der Bahn bedarf es immer flexiblerer Arbeitskräfte, die weiter und länger fahren, die nach der Arbeit nicht nach Hause, sondern ins Hotel gehen. Wenn die Bahnhöfe, die Pausenräume, die Klos und die Meldestellen, an denen sich das Zugpersonal ablösen kann, immer weiter abgebaut werden, müssen sie länger fahren, damit der Zug nicht auf der Strecke bleibt. Wenn Weichen, Überholstellen, Personen- und Güterbahnhöfe still gelegt werden, und das findet trotz aller Beteuerungen der Politik weiter statt(!), dann verspäten sich die Züge immer mehr und die Lokführer:innen und Zugbegleiter:innen kommen nicht mehr nach Hause. Reisende und Logistiker meiden die Bahn, weil sie zu unzuverlässig ist und weil sie an vielen Orten einfach nicht mehr fährt.

Der Kampf um bessere Arbeitsbedingungen ist deswegen auch immer ein Kampf für eine bessere Bahn.

Eine bessere, fein gegliederte, gut ausgebaute Infrastruktur auch abseits der Zentren ist die Voraussetzung für einen Personen- und Güterverkehr abseits der Straße. Diese ist genauso wichtig, um die Arbeitsbedingungen der Bahner:innen zu verbessern. Und nur mit ausreichend Personal ist der notwendige Wiederaufbau der Bahn zu schaffen.

Es bedarf einer grundlegenden Neuausrichtung der Verkehrspolitik, diese kann nur zusammen mit den Bahner:innen umgesetzt werden!

Solidarisches Potsdam und Wir Fahren Zusammen Potsdam mit einem langjährigen Lokführer

Mitunterzeichnende Organisationen:

DGB-Hochschulinitiative Europa Universität Viadrina
DIE aNDERE
DIE LINKE Potsdam
Extinction Rebellion Potsdam
Grüne Jugend Brandenburg
Internationale Sozialistische Organisation (ISO) Potsdam
Linksjugend [‘solid] Brandenburg
Parents for Future Potsdam
Potsdam autofrei
Wohn- und Kulturprojekt U-24
Verkehrsclub Deutschland (VCD), Landesverband Brandenburg e.V.